Eine andere Möglichkeit wäre, das Gelände sogleich zu planieren und dann erst die nächste Messung vorzunehmen. Das bedeutet, dass man solange misst und ebnet, bis zwei Meter plan sind. Dieser Vorgang ist aber nicht nur unpraktisch - man denke an die Kontrollmessung - sondern vor allem sehr zeitaufwändig. Es kann jeweils nur an zwei Stellen, einmal links- und einmal rechtsherum, gearbeitet werden. Am Ende würden sich die beiden Arbeitstrupps dann treffen und hoffentlich auf gleicher Höhe liegen. Bei einer sehr optimistischen Schätzung von 1 m Fortschritt pro Stunde, wäre das nach ca. einem Monat der Fall.
Das Messen mit der Setzwaage erweist sich so in der Praxis nicht nur wegen der mangelnden Genauigkeit als undurchführbar.
Nun müsste das Verfahren aber auch auf dem Pyramidenstumpf wiederholt werden. Es wird beim anscheinend niedrigsten Stein begonnen und von den anderen Steinen Material entfernt. Was, wenn man sich nicht auf der gleichen Höhe trifft?
Es kann also ganz simpel festgestellt werden, dass beide Verfahren nicht zum Ziel führen. Beide sind zu ungenau, lassen sich in großer Höhe nicht mehr durchführen und liefern die Ergebnisse nicht schnell genug.
Dem Phänomen der genauen Nivellierung über große Distanzen begegnen wir in sehr vielen Großbauwerken der Antike. Alle bisher diskutierten Ideen erweisen sich letztendlich als unbrauchbar, die vorgefundene, für die damalige Zeit erstaunlich hohe Präzision zu erreichen. Wir müssen uns veranschaulichen, dass die Messergebnisse mit Fehlern behaftet sind, die unter dem Zehntelpromillebereich liegen.
Auch die verschiedenen Peilgeräte, wie der römische Chorobates, können nicht zu diesen genauen Ergebnissen führen. Ein Peilgerät verfügt immer über eine Peilstrecke, über die nivelliert wird. Diese Peilstrecke ist beim römischen Chorobates etwa 6 m lang. Ein Fehler von nur einem Millimeter beim Peilgerät würde bei der Entfernung von 230 m bereits einen Fehler von 10 cm verursachen. Bei der Nivellierung der Pyramiden haben wir es aber mit einem Fehler von 1 cm zu tun.
Dabei ist man natürlich von der Genauigkeit moderner Messgeräte weit entfernt. Der Fehler dieser Geräte liegt bei +/- 2,5 mm auf 1 km Entfernung. Die Behauptung, man könnte die Genauigkeit der ägyptischen Landvermesser auch mit modernen Geräten kaum erreichen, ist daher blanker Unsinn.
Dennoch ist die Abweichung von nur 2,4 cm auf fast 0,5 km erstaunlich. Die Ägypter scheinen also über eine Methode verfügt zu haben, mit der sich so präzise Messungen offensichtlich schnell und problemlos durchführen ließen. Diese Methode muss dann von Generation zu Generation weitergegeben worden sein, bis sie schließlich auch von Griechen und Römern verwendet wurde. Der Tunnel des Eupalinos auf Samos weist eine Ungenauigkeit von 40 cm auf einer Länge von 1 km auf. Auch die verschiedenen römischen Wasserleitungen, die ähnlich präzise nivelliert wurden, seien hier erwähnt. Es existieren jedoch keinerlei Aufzeichnungen über diese Technologie. Dieses Wissen ist mit dem Untergang der antiken Welt verloren gegangen.