Tatsächlich kommt es ja auch immer wieder zu ‚Ausreißern‘, also Fehlmessungen, die zwar nur einige Zentimeter betragen, sich jedoch bei simpler Weitermessung der letzten Waagrechten auf die nächste Stufe addieren müssten. Es ist unmöglich, dass sich die jeweiligen minimalen Ungenauigkeiten von einigen Zentimetern rein zufällig - durch Fehler und Gegenfehler - so ausgleichen, dass die Pyramide letztlich auf jedem Level immer wieder nur so minimal um einige Zentimeter von der Waagrechten abweicht, wie das der Fall ist.
Vielmehr sind gerade diese Fehler, diese geringen, sich aber niemals multiplizierenden Abweichungen auf verschiedenen Schichten nur erklärbar, wenn jede Schicht wiederum neu vermessen wurde. Dafür bedarf es aber einer Methode, die nicht nur genaue, sondern auch rasche Ergebnisse liefert.
Alle bisher in der Pyramidenforschung vorgetragenen Methoden scheiden deshalb aus. Die einzig denkbare Alternative ist die von mir entwickelte ‚Methode der optischen Nivellierung‘, die auf der Erfahrung des Altägyptischen Feldvermessens basiert. Wendet man die Methode der optischen Nivellierung an, dann kann in einer Nacht die gesamte Kante der Pyramide vermessen werden. Dabei werden alle paar Meter Messpunkte gesetzt, an denen sich die Steinmetze orientieren können. Nun kann ein ganzes Heer von Arbeitern das nötige Material abtragen.
Das menschliche Auge sieht zwar nicht sehr scharf, reagiert aber auf Lichtreize sehr empfindlich. Eine brennende Kerze kann bei klarer Luft über mehrere Kilometer wahrgenommen werden. Verlagert man den Messvorgang in die Nacht, so erhöht dies die Präzision der Messung.
Auf die Stange A wird eine Kerze gestellt. Der Beobachter blickt auf das Wasserbecken in der Mitte der Messstrecke und bewegt seinen Kopf langsam nach oben. Erblickt er den Lichtstrahl im Wasser, so markiert er die Stange mit einem Strich oder einer Kerbe. Wenn er seinen Kopf höher bewegt, verschwindet das Spiegelbild des Lichtstrahls im Wasser und er markiert die Stange abermals. Dazwischen ist die gesuchte Höhe. In der Praxis zeigt sich: Der Kopf muss nur geringfügig nach oben bewegt werden. Die Spanne des Sehens ist klein.
Ob das geschilderte Verfahren bei jeder Seite nur einmal (also über die ganze Basislänge) oder mehrmals durchgeführt wurde, ist letztendlich irrelevant.
Der größte Vorteil der beschriebenen Methode liegt aber darin, dass er auf jeder Steinschicht mit wenig Zeitaufwand wiederholt werden kann. Betrachten wir die Messungen von Petrie an der Cheopspyramide: Auf Level 60, also in einer Höhe von knapp 50 m, ist die Pyramide immer noch ca. 150 m breit. Das bedeutet, der Abstand zwischen den Messpunkten beträgt selbst über die Diagonale immer noch 214 m. Es kommt also nach wie vor nur ein Messverfahren in Frage, das auch über weite Distanzen sehr genau ist.