In jenen Pyramidenbautheorien, die zum Steintransport auf die Pyramide Rampen vorschlagen, weisen diese meistens eine Steigung von 10 % und mehr auf. Wer aber je versucht hat, eine größere Last über eine Steigung von 10 % hinaufzuziehen, weiß, dass dies äußerst mühsam ist. Steigungen von 20 % lassen sich mit einer Last praktisch nicht mehr bewältigen, weil der Ziehende beginnt, selbst wegzurutschen. Der Reibungskoeffizient: Wird eine Last auf ebener Unterlage gezogen, das heißt geschliffen, so muss dazu eine Kraft aufgewendet werden. Die Größe der Kraft hängt vom Gewicht der Last und von besagtem Reibungskoeffizienten ab. Wiegt die Last 1(!) Tonne und ist der Reibungskoeffizient 1, so muss mit 1 Tonne (10.000 N) gezogen werden. Beträgt der Reibungskoeffizient 0,5, muss die Kraft von 5.000 N (500!kg) aufgewendet werden. Wie groß dieser Faktor ist, hängt vom Material der Last und der Unterlage ab. Gummi auf Asphalt etwa hat den Faktor 1, gleitet also schlecht, Stahl auf Eis den Faktor 0,1, gleitet also sehr gut.
Wir haben es bei den Pyramiden mit der Reibung Stein auf Stein oder Holz auf Stein zu tun. Hier wird in der Literatur ein Reibungskoeffizient von 0,4 angegeben. Eigene Versuche mit einem 60 kg schweren Stein brachten ähnliche Ergebnisse. Die Reibung kann durch Schmiermittel verringert werden. Auf einer mit Sand bestreuten Fläche betrug der Faktor bei obigen Versuchen dann auch nur mehr 0,3.
Will man also einen Stein von einer Tonne auf einer Steinunterlage ziehen, so benötigt man die Kraft von 4.000 N (soviel, als wollte man eine Last von 400 kg senkrecht nach oben ziehen). Die an der Cheopspyramide verbauten Steine wiegen in etwa 2,5 Tonnen. Man benötigt daher eine Kraft von 6.250 N (625 kg senkrecht), um so einen Stein zu ziehen. Bei einer Zugleistung von 250 N ziehen 25 Männer diesen Stein recht mühelos. Selbst größere Lasten wie 40 Tonnen können von einer genügend großen Zugmannschaft bewegt werden. Bei 40 Tonnen wären das 640 Männer.
Letztlich bedeutet das aber: Der Reibungskoeffizient ist für unsere Überlegungen eigentlich unbedeutend, denn ob 640 oder 800 oder 1000 Männer den 40 Tonnen Stein bewegten, spielte beim Pyramidenbau keine Rolle, da die Pharaonen jederzeit Arbeiter rekrutieren konnten.
Unsere weiteren Überlegungen müssen daher nicht in die Richtung gehen, wie mit möglichst wenigen Arbeitern gebaut werden oder wie die Arbeitskraft des Einzelnen vergrößert werden kann, wie zum Beispiel durch die Verwendung von Schmiermitteln. Das entspricht unserem westlichen Denkschema, mit möglichst wenigen Arbeitskräften auskommen zu wollen. Vor 4500 Jahren stellte sich die Situation anders dar. Arbeitskräfte standen praktisch unbegrenzt zur Verfügung.
Die Überlegungen müssen in eine ganz andere Richtung gehen. Wie konnten möglichst viele Arbeiter gleichzeitig eingesetzt werden? Das einzige Limit, das den Pharaonen vorgegeben war, war die Zeit. Sie wussten nicht, wie alt sie werden und die durchschnittliche Lebenserwartung war damals nicht gerade sehr hoch. Die schönste Pyramidenbaumethode nützt also nichts, wenn sie sich nicht schnell realisieren lässt.