Details und Erläuterungen

Vermessung und Bau der ägyptischen Pyramiden - von Eckart Unterberger

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Geschichte, Werkzeuge


Die Kunst der ägyptischen Landvermessung entstand beim Neuvermessen der Felder nach der jährlichen Nilüberschwemmung.


Die Ägypter verwendeten als Einheit der Länge die ‚Königliche Elle‘, welche 52,36 cm entspricht. Die Elle wurde in 7 Handbreiten geteilt, ein Handbreite war wiederum in 4 Finger geteilt. Das System erinnert etwas an die englischen Maßeinheiten und man kann es nicht gerade als praktisch bezeichnen.


Im weiteren Text werden daher alle Maße in Meter und Zentimeter angegeben, um dem Leser das lästige Umrechnen zu ersparen.


Es ist fraglich, ob die Ägypter bei der Vermessung generell und daher auch bei der Vermessung der Pyramiden diese Maßeinheit verwendet haben. Es gibt zwar aus späterer Zeit die bekannten Rechenaufgaben (Papyrus Rhind), ob die Elle in dieser Form auch im täglichen Leben gehandhabt wurde, ist nicht bekannt. Durchaus vorstellbar und auch wesentlich einfacher zu handhaben ist die Verwendung von Relativmaßen, das heißt, dass eine Strecke gemessen und dann einfach übertragen wurde. Dabei wurde sie entweder als Ganzes übernommen oder in Brüche geteilt.


Die ägyptische Vermessungstechnik entstand nicht nur beim Neuvermessen der Felder nach der Nilschwemme, sondern auch beim Teilen von Feldern bei Verkauf oder Weitergabe. Dabei wurden bestehende Felder in gleich große Flächen geteilt, wie das bis ins 20. Jahrhundert in Europa noch üblich war. Eine bestimmte Strecke musste also nicht in Einheiten gemessen, sondern nur in Brüche zerlegt werden.


Auch bei der besagten Neuvermessung der Felder wird man so vorgegangen sein. Die Strecke zwischen zwei Landmarken, die von der Überschwemmung nicht betroffen waren, wurde in die Felder geteilt. Bauer A erhält das erste Zehntel, Bauer B dann zwei Zehntel usw.


Als Werkzeug zur Entfernungsmessung benutzte man vor allem die Messschnur. Mit dieser lässt sich das Teilen recht einfach bewerkstelligen. Halbiert wird, indem man die Strecke mit der Schnur misst und die Schnur dann einfach doppelt nimmt, ihre Länge also halbiert. Nimmt man sie dreifach, wird gedrittelt. So lässt sich mühelos jeder ganzzahlige Bruchteil einer Strecke messen. Die Verwendung der Elle wäre bei diesen Vermessungsaufgaben eher umständlich. Es sind diese Maße ja auch irgendwo festzuhalten.


Bei Bruchteilen einer Fläche weiß jeder Bauer, welcher Teil ihm gehört. Es ist anzunehmen, dass die Elle verwendet wurde, um die Fläche eines Grundstücks zu bestimmen. Auf Basis der Fläche wurden die jährlichen Abgaben der Bauern an den Staat berechnet.


Eine Messschnur war bei der Landvermessung das ideale Gerät. Genügte sie aber, um die erforderliche Präzision bei der Pyramidenvermessung zu erreichen? Ein Seil hat entscheidende Nachteile bei der Verwendung als Messinstrument:


  • Es dehnt sich bei Belastung.
  • Es verändert seine Länge unter dem Einfluss von Feuchtigkeit.


Für präzise Messungen werden die Ägypter daher zu einem anderen Werkzeug gegriffen haben - der Messstange. Diese Messstangen wurden bis ins 19. Jahrhundert verwendet, unter anderem, um die Basislinie zur topographischen Aufnahme in Bayern einzumessen.


Die geforderte Präzision in der Entfernungsmessung beim Pyramidenbau lässt sich mit Messstangen problemlos erreichen. Diese Stangen müssen auch nicht unbedingt auf die Königliche Elle geeicht sein, es genügt, immer nur dieselben zu verwenden.


Doch welche Messtechniken neben der Entfernungsmessung standen den ägyptischen Landvermessern sonst noch zur Verfügung? Die Antwort ist einfach: gar keine. Es war mit der damaligen Technologie nicht möglich, andere Parameter zu messen. Die Winkelmessung, auf der die moderne Vermessungstechnik beruht, war den Ägyptern wegen des Fehlens von optischen Geräten nicht möglich. Daher müssen Überlegungen zur Einmessung der Pyramiden davon ausgehen, dass stets allein Längenmessungen die Grundlage aller weiterer Methoden sind.

Messen und Vermessen

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